« Unsere Zeit ist so aufregend, dass man die Menschen eigentlich nur noch mit Langeweile schockieren kann. »
Schlagwort / Zeit
Gertrude Stein – Zitat
« Es braucht viel Zeit, ein Genie zu sein, man muss so viel herumsitzen und nichts tun, wirklich nichts tun. »
Joseph Freiherr von Eichendorff – Gedicht
Weihnachten
Markt und Straßen stehn verlassen,
Still erleuchtet jedes Haus,
Sinnend geh’ ich durch die Gassen,
Alles sieht so festlich aus.
An den Fenstern haben Frauen
Buntes Spielzeug fromm geschmückt,
Tausend Kindlein stehn und schauen,
Sind so wunderstill beglückt.
Und ich wandre aus den Mauern
Bis hinaus in’s freie Feld,
Hehres Glänzen, heil’ges Schauern!
Wie so weit und still die Welt!
Sterne hoch die Kreise schlingen,
Aus des Schneees Einsamkeit
Steigt’s wie wunderbares Singen –
O du gnadenreiche Zeit!
Guillaume Apollinaire – Gedicht
Unterm Pont Mirabeau
Unterm Pont Mirabeau fließt die Seine.
Was Liebe hieß,
muß ich es in ihr wiedersehn?
Muß immer der Schmerz vor der Freude stehn?
Nacht komm herbei, Stunde schlag!
Ich bleibe, fort geht Tag um Tag.
Die Hände, die Augen geben wir hin.
Brücken die Arme,
darunter unstillbar ziehn
die Blicke, ein mattes Fluten und Fliehn.
Nacht komm herbei, Stunde schlag!
Ich bleibe, fort geht Tag um Tag.
Wie der Strom fließt die Liebe, so
geht die Liebe fort.
Wie lang währt das Leben! Oh,
wie brennt die Hoffnung so lichterloh!
Nacht komm herbei, Stunde schlag!
Ich bleibe, fort geht Tag um Tag.
Wie die Tage fort, wie die Wochen gehn!
Nicht vergangene zeit
noch Lieb werd ich wiedersehn.
Unterm Pont Mirabeau fließt die Seine.
Nacht komm herbei, Stunde schlag!
Ich bleibe, fort geht Tag um Tag.
Übersetzt von Hans Magnus Enzensberger
Georg Trakl – Gedicht
Verklärter Herbst
Gewaltig endet so das Jahr
mit goldnem Wein und Frucht der Gärten.
Rund schweigen Wälder wunderbar
und sind des Einsamen Gefährten.
Da sagt der Landmann: Es ist gut.
Ihr Abendglocken lang und leise
gebt noch zum Ende frohen Mut.
Ein Vogelzug grüßt auf der Reise.
Es ist der Liebe milde Zeit.
Im Kahn den blauen Fluß hinunter
wie schön sich Bild an Bildchen reiht –
das geht in Ruh und Schweigen unter.
Joseph Freiherr von Eichendorff – Gedicht
Wechsel
Es fällt nichts vor, mir fällt nichts ein,
Ich glaub die Welt steht still,
Die Zeit tritt auf so leis und fein,
Man weiß nicht, was sie will.
Auf einmal rührt sich’s dort und hier –
Was das bedeuten mag?
Es ist, als hörtst du über dir
Einen frischen Flügelschlag.
Rasch steigen dunkle Wetter auf,
Schon blitzt’s und rauscht die Rund
Der lust’ge Sturmwind fliegt vorauf –
Da atm ich aus Herzensgrund.
Dante Alighieri – Zitat
Der eine wartet, dass die Zeit sich wandelt,
der andere packt sie kräftig an und handelt.
Friedrich Georg Jünger – Gedicht
Im Grase
Wer sich ins Gras legt,
Wer lang liegt, für den ist
Zeit und Mühn nichts.
Wer liegt, der vergißt.
Was sich um ihn bewegt,
Wenn er liegt,
Bewegt ihn sanft mit.
Er wird gewiegt.
Ihn verläßt, ihn flieht
Zahl und Zeit.
Er entrinnt, ihm verrinnt
Lust und Leid.
Weise wird er, still
Wie das Gras, das grüne Moos.
Er bettet sich tief
In der Himmlischen Schoß.
Der Wind kommt und geht.
Die Wolke zieht.
Der Falter schwebt. Der Bach
Murmelt sein Lied.
Halm und Laub
Zittern und flüstern leis.
Wasser und Wind
Gehen im Kreis.
Was kommt, geht. Was geht, kommt
In der Wiederkehr Gang.
In der Himmlischen Bahn
Wird die Welt Tanz, wird Gesang.
Annette v. Droste-Hülshoff – Gedicht
Der Frühling ist die schönste Zeit
Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?
Da grünt und blüht es weit und breit
Im goldnen Sonnenschein.
Am Berghang schmilzt der letzte Schnee,
Das Bächlein rauscht zu Tal,
Es grünt die Saat, es blinkt der See
Im Frühlingssonnenstrahl.
Die Lerchen singen überall,
Die Amsel schlägt im Wald!
Nun kommt die liebe Nachtigall
Und auch der Kuckuck bald.
Nun jauchzet alles weit und breit,
Da stimmen froh wir ein:
Der Frühling ist die schönste Zeit!
Was kann wohl schöner sein?
Peter Rühmkorf – Gedicht
Drei Variationen über das Zeitgedicht
Das Zeitgedicht, das Zeitgedicht,
ist schon ein Tutmirleidgedicht,
mit Kunst geschliffen und gefeilt,
entgeht ihm, wie die Zeit enteilt,
ojeh!
Das Zeitgedicht, das Zeitgedicht,
so schnell wie Zeitung kann es nicht,
weil wo es sich mit Sinn verfaßt,
ist prompt der Drucktermin verpaßt,
oweh!
Das Zeitgedicht, das Zeitgedicht,
hat nur ein kurzes Lebenslicht,
und wenn es auch die Wahrheit spricht,
man dankt’s ihm nicht!
Olé!
Joachim Ringelnatz – Gedicht
Silvester
Daß bald das neue Jahr beginnt,
Spür ich nicht im geringsten.
Ich merke nur: Die Zeit verrinnt
Genauso wie zu Pfingsten,
Genau wie jährlich tausendmal.
Doch Volk will Griff und Daten.
Ich höre Rührung, Suff, Skandal,
Ich speise Hasenbraten.
Mit Cumberland, und vis-à-vis
Sitzt von den Krankenschwestern
Die sinnlichste. Ich kenne sie
Gut, wenn auch erst seit gestern.
Champagner drängt, lügt und spricht wahr.
Prosit, barmherzige Schwester!
Auf! In mein Bett! Und prost Neujahr!
Rasch! Prosit! Prost Silvester!
Die Zeit verrinnt. Die Spinne spinnt
In heimlichen Geweben.
Wenn heute nacht ein Jahr beginnt,
Beginnt ein neues Leben.
Arthur Schopenhauer – Zitat
„Es wäre gut, Bücher zu kaufen, wenn man die Zeit, sie zu lesen, mitkaufen könnte.“