„Ruhe, Stille, Sofa und eine Tasse Tee geht über alles.“
Kategorie / Deutschland
Eduard Mörike – Gedicht
Septembermorgen
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.
Durchgeblättert – „Die Sommerhäuser der Dichter“ v. Thomas Lardon
„Am offnen Fenster lehnt im Sommerhaus
Maria, blickend in das Meer hinaus.
Sie sieht der Sonne letzte Gluten schwinden,
Sie überläßt ihr blondes Haar den Winden,
Die freudig mit der Lockenbeute schwanken,
Und ihre Seele sinnigen Gedanken.“
Spätestens beim Lesen dieses Auszugs aus dem Gedicht „Der Maler“ von Nikolaus Lenau sehnt sich jeder ein wenig nach einem Sommerhaus, das Ruhe-Refugium und Inspirationsquelle zugleich sein könnte. Somit ist es nicht überraschend, dass gerade Dichter und Schriftsteller den Traum eines Sommerhauses verwirklichen mussten und konnten.
Thomas Lardon, Herausgeber und Unternehmer im Verlags- und Kunstbereich, hat Zeit und Muse investiert, um nach den schriftstellerischen Kreativ-Orten, an denen die schönste Zeit des Jahres verbracht wurde, zu suchen. Mit seinem von ihm aktuell erschienen Werk „Die Sommerhäuser der Dichter“ dürfen wir nun auf eine ganz besondere Reise gehen.
Bestimmte Autoren suchten die inspirierende Ruhe und Kühle auf dem Land wie zum Beispiel Bertolt Brecht. Er verbrachte mit Helene Weigel die Sommermonate in Buckow, wo einer der wichtigsten Werke der deutschsprachigen Lyrik, der Gedichtzyklus „Buckower Elegien“, entstanden ist. Edward Said fuhr als Kind jedes Jahr mit seinen Eltern von Kairo aus mit Taxis und Zug in das libanesisches Bergdorf Dhur el-Shweir. Jean-Cocteau arbeitete am Liebsten in seinem Haus in Milly-La-Forêt, eine Stunde südlich von Paris entfernt. Heinrich Böll hatte ein ländliches „Versteck“ in der Eifel. Hermann Hesse konnte gleich zwischen mehreren Sommerhäusern wählen und Rimbaud kehrte, obwohl er die Ardennen schrecklich spiessig fand, immer wieder in sein Landhaus zum Arbeiten zurück. Inzwischen hat die Punk- und Rockmusikerin Patti Smith, die eine grosse Rimbaud-Verehrerin ist, sein Haus gekauft.
Einige Schriftsteller brauchten die Nähe zum Wasser. Günter Grass zog sich oft zum Schreiben an seinem Roman „Der Butt“ auf die kleine dänischen Insel Mon zurück. Gerhart Hauptmann freute sich sehr über die Natur am Hiddensee, der eine Schaffensquelle für ihn war. Und wieder andere Dichter fanden ihr Sommerhaus in einer Stadt, wie bespielsweise Anton Tschechow, der den dazugehörigen üppigen Garten in Jalta zu seiner Oase gestaltete.
Die Bedürfnisse der Dichter, aber auch Wünsche, das richtige Sommerhaus zu finden und zu bewohnen, konnten nicht unterschiedlicher sein. Dieses wirklich wunderschön gestaltete Buch verführt vor allem durch die hervorragenden Texte, die mit feinem und sehr ansprechendem Fotomaterial ergänzt werden. Wir entdecken unbekannte Orte und unberührte Landschaften und bekommen sehr persönliche Einblicke in das Sommer-Leben von mehr als 30 Dichterinnen und Dichtern, die dank ihrer intimen und kenntnisreichen Porträts sehr neugierig machen.
Welche.r Leser.in würde nicht gerne auch im Juni jetzt den Koffer packen und die nächsten Monate in seinem eigenen Sommerhaus verbringen. Träume nach einem luftig leichten Leben im ganz persönlichen Garten Eden auf dem Land, am Meeresstrand oder auch im urbanen Sommerflair lassen sich eventuell nicht erfüllen.
Doch jetzt gibt es „Die Sommerhäuser der Dichter“, das perfekte Buch für die heisse Jahreszeit, das die Sehnsüchte nach literarischer Sommerfrische, Meeresbrise, Bergluft und Stadtgartenglück in so traumhaft schöner Weise stillt und uns beim Lesen ein wahres und unvergängliches Sommerglück schenkt.
Bertolt Brecht – Zitat
« Die Schriftsteller können nicht so schnell schreiben, als die Regierungen Kriege machen können; denn das Schreiben verlangt Denkarbeit. »
Heinrich Heine – Zitat
„Ausserdem wirkt nicht jede Liebe blitzartig; manchmal lauert sie, wie eine Schlange unter Rosen, und erspäht die erste Herzenslücke, um hineinzuschlüpfen; manchmal ist es nur ein Wort, ein Blick, die Erzählung einer unscheinbaren Handlung, was wie ein lichtes Samenkorn in unser Herz fällt, eine ganze Winterzeit ruhig darin liegt, bis der Frühling kommt, und das kleine Samenkorn aufschiesst zu einer flammenden Blume, deren Duft den Kopf betäubt.“
Ludwig Feuerbach – Zitat
„Es geht uns mit Büchern wie mit den Menschen. Wir machen zwar viele Bekanntschaften, aber nur wenige erwählen wir zu unseren Freunden.“
Georg Christoph Lichtenberg – Zitat
„Eine seltsamere Ware als Bücher gibt es wohl schwerlich in der Welt. Von Leuten gedruckt, die sie nicht verstehen; von Leuten verkauft, die sie nicht verstehen; gebunden, rezensiert und gelesen von Leuten, die sie nicht verstehen; und nun gar geschrieben von Leuten, die sie nicht verstehen.“
Novalis – Gedicht
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die wahren Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.
Theodor Fontane – Zitat
Ein neues Buch, ein neues Jahr.
Was werden die Tage bringen?
Wird’s werden wie es immer war,
Halb scheitern, halb gelingen?

Rainer Maria Rilke – Gedicht
Weihnacht
Die Winterstürme durchdringen
die Welt mit wütender Macht.
Da sinkt auf schneeigen Schwingen
die tannenduftende Nacht.
Da schwebt beim Scheine der Kerzen
ganz leis nur, kaum, dass du´s meinst,
durch arme irrende Herzen
der Glaube – ganz so wie einst.
Da schimmern im Auge Tränen,
du fliehst die Freude – und weinst,
der Kindheit gedenkst du mit Sehnen,
oh, wär es noch so wie einst!
Du weinst! Die Glocken erklingen
es sinkt in festlicher Pracht
herab auf schneeigen Schwingen
die tannenduftende Nacht.

Durchgeblättert – „Literaturhotels“ v. Barbara Schaefer
Friedrich Hebbel brachte es mit diesem Zitat auf den Punkt: „Eine Reise ist ein Trunk aus der Quelle des Lebens“.
Nur leider kann in den aktuellen komplexen Zeiten sich kaum jemand an diesem so essentiellen und lebenswichtigen Trunk laben. Glücklicherweise vermögen Bücher ein wenig hinwegtrösten und dem Leser eine andere Art des „Reisens“ erlauben.
Gut geeignet sind dazu Bildbände, die sich auch noch mit dem Reisen und insbesonderen mit dem literarischen Reisen beschäftigen. Barbara Schaefer, inzwischen als freie Autorin aktiv, hat Theaterwissenschaften und Germanistik in München und Italien studiert. Sie hat eine grosse Vorliebe für ungewöhnliche Hotels, im Besonderen Literaturhotels, denen sie ihr aktuell erschienenes Buch widmet.
Charmant eingeführt über die Vorzüge in einem Hotel zu schreiben oder als Schriftsteller doch lieber das eigene Heim zu preferieren, begleitet uns Barbara Schaefer mit ihren sehr informativen und charmanten Texten durch eine Reise von 19 Hotels, in denen Literatur und Bücher entstanden sind, die aber auch Fluchtort und Heimat für viele bedeutende Schrifsteller wurden.
Die Reise beginnt in Deutschland, über Österreich in die Schweiz, dann nach Italien und Frankreich. Sie führt weiter nach England, Schottland und Polen. Lässt den Leser einen Abstecher in die Türkei machen, wirft gleich zwei Blicke nach Thailand und einen in die USA.
Ein paar Hotels, wie das Adlon in Berlin und das Waldhaus Sils Maria in der Schweiz sind sicher bei vielen literarisch Interessierten bekannt. Doch wir entdecken viel Neues, wie das Bauhaus-Hotel Albergo Fondazione Monte Verità im schweizerischen Tessin, in dem Hermann Hesse einige Zeit verbrachte. Oder das Belmond Hotel Timeo in Südsizilien, auf dessen Terrasse D.H. Lawrence gelegentlich gesehen wurde.
Wer noch nicht das berühmte Werk „Hotel Savoy“ von Joseph Roth gelesen hat, sollte unbedingt im gleichnamigen Hotel in der Altstadt von Lodz (Polen) Roth-Luft schnuppern. Am Ende dieser „Buch-Reise“ besuchen wir noch ein im ersten Moment eher unbekanntes Hotel – „The Algonquin“, das älteste Hotel von New York City. Berühmt wurde dieses Hotel durch seinen legendären Literaturzirkel, den „Algonquin Round Table“ und bei dem die Theaterkritikerin Dorothy Parker eine zentrale Rolle spielte.
„Literaturhotels“ ist ein wirklich schön gestaltetes Werk, einladend natürlich auch durch diverse wundervolle Bilder aus den Hotels und den dazugehörigen Landschaften und Städten. Ein Buch, das die Sehnsucht nach Ferne, nach Flucht, nach Ankommen und nach Genuss zu einem gewissen Punkt erfüllen kann. Doch am Ende hilft nur die wahre Reise selbst, wie Gogol treffend formulierte: „Wie schön ist eine lange, lange Reise! Wie oft habe ich danach wie nach einem Rettungsanker gegriffen! Und wie oft hat mich so eine Reise errettet!“
Geniessen wir fürs Erste diesen schönen Bildband und gleichzeitig hoffen wir, dass uns bald eine echte Reise zu diesen besonderen Literaturhotels im Sinne von Gogol „erretten“ kann!
Marie von Ebner-Eschenbach – Zitat
„Der wahre Zweck eines Buches ist, den Geist hinterrücks zum eigenen Denken zu verleiten.“

Heinrich Heine – Gedicht
Sie erlischt
Der Vorhang fällt, das Stück ist aus,
Und Herrn und Damen gehn nach Haus.
Ob ihnen auch das Stück gefallen?
Ich glaub, ich hörte Beifall schallen.
Ein hochverehrtes Publikum
Beklatschte dankbar seinen Dichter.
Jetzt aber ist das Haus so stumm,
Und sind verschwunden Lust und Lichter.
Doch horch! ein schollernd schnöder Klang
Ertönt unfern der öden Bühne; –
Vielleicht, daß eine Saite sprang
An einer alten Violine.
Verdrießlich rascheln im Parterr‘
Etwelche Ratten hin und her,
Und alles riecht nach ranz’gem Öle.
Die letzte Lampe ächzt und zischt
Verzweiflungsvoll, und sie erlischt.
Das arme Licht war meine Seele.

Durchgeblättert – „Do You Read Me“ – Besondere Buchläden und ihre Geschichten
Philippe Djian hatte bereits klar erkannt: „Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler.“
Und um dieses kaum zu übertreffende Zitat noch konkreter zu erleben, sollte es im wahrsten Sinne des Wortes Bücher auf Rezept geben, die das Leben herausfordern, hinterfragen und bereichern. Ja und genau so ein Buch hat gerade das „Licht der Welt“ erblickt, einer ganz besonderen Welt – der Welt der Buchläden.
Buchhandlungen sind Orte, die Fragen zu lassen, in denen man Antworten findet, die zu literarischen Reisen einladen, die Informationen und Kultur vermitteln, die Möglichkeiten des Austausches bieten, die Ablenkung nicht nur vortäuschen und die Aktualität mit Beständigkeit elegant verknüpfen.
„Do You Read Me“, ein wunderschön gestalteter Bildband über genau diese Buch-Orte, ist zur Zeit das interessanteste und abwechslungsreichste Buch über Buchläden und ihre dazugehörigen unerlässlich spannenden Geschichten. Der Titel des Buches wurde der Buchhandlung „Do You Read me“ aus Berlin „entliehen“, die ein eher ungewöhnliches Buchhandlungskonzept vorweist, welches Magazinen aus aller Welt mehr Bedeutung in Auswahl und Platz schenkt, als dem zusätzlich angebotenen aussergewöhnlichen Buchsortiment.
Über 60 Buchhandlungen bzw. Buchläden werden in diesem Werk mit grandiosem Bildmaterial und fein kuratierten Texten vorgestellt. Die Auswahl ist absolut international, neben bereits auch berühmt bekannten Buchhandlungen wie „Shakespeare & Company“ in Paris oder der „Boekhandel Dominicanen“ in Maastricht, entdecken wir bezaubernde und atemberaubende Buch-Paradiese und Buch-Kleinode, die ihresgleichen suchen.
Da gibt es beispielsweise ein charmant in Türkisfarben gehaltenes Buchladen-Café in Istanbul oder ein spektakuläres Buchhandlungskonzept in Mexiko-Stadt, bei der im jüngsten Buchhandlungprojekt „Cafebreria El Péndulo“ eine riesige Palme mitten in der Buchhandlung steht und aus deren Dach ragen darf. In Island wird ein entzückendes kleines Antiquariat „Bokin“ zum Kulturbotschafter. Die USA zeigt eine Fülle von faszinierenden unabhängigen Buchhandlungen, die mehr als klassisches Engagement beweisen, wie zum Beispiel der Initiator „Michael Seidenberg“ seines vollkommen „geheimen“ Buchladens – „Brazenhead Books“ in New York City -, den er aus und mit seinem eigenen Appartement gemacht hatte. Aber auch eine schwimmende Buchhandlung mit dem Titel „The Book Barge“, die am Canal du Nivernais in Frankreich liegt, sorgt für Erstaunen.
Richtig spektakulär darf es natürlich auch sein, vor allem wenn man die Bilder der Buchhandlung „WUGUAN BOOKS“ aus Kaohsiung (Taiwan) bewundert, denn in dieser Buchhandlung werden ungefähr 400 Bücher in absoluter Dunkelheit mit jeweils eigenem Licht präsentiert. Oder vollkommen unverwechselbar, wenn man sich die Buchhandlung „Morioka Shoten“ in Tokio ansieht. Hier wird nur ein einziges Buch zum Verkauf angeboten!
Die vielfältige Auswahl an Buchläden in diesem Werk ist beeindruckend, inspirierend und motivierend zugleich. Die hier präsentierten Buchhandlungen sind auf verschiedenste Weise und in ihrer Kombination inhaltlich, aber auch gestalterisch und architektonisch die wundervollsten „Meisterwerke“ in Punkto Lese-Paradiese!
Kaum verwunderlich, dass bereits in einer Rezension in der Süddeutschen Zeitung dieses Buch als „Verneigung vor einer fantastischen Institution: der Buchhandlung“ bezeichnet wird. Es könnte sogar noch mehr sein als „nur“ die Verneigung vor der Institution Buchhandlung.
Selbstverständlich ist es auch die Verneigung vor den buch-begeisterten Köpfen, kreativen Initiatoren und kompetenten Buchhändlern, die diese Lese-Orte mit gebührendem Engagement und grosser Leidenschaft geschaffen haben und weiterhin alles dafür tun, sie langfristig anziehend und lebendig zu halten. Doch vergessen wir nicht den Leser, Buchliebhaber und potentiellen Kunden, der genau diese Buchläden regelmässig frequentiert, schätzt, liebt, verehrt und belebt. Und genau diesem Bücherfreund gebührt gleichwohl eine eben so grosse Verneigung, die man in der aktuellen Zeit auf keinem Fall unerwähnt lassen sollte!
„Do You Read Me“ ist ein grandioses „Sammelsurium“ der unterschiedlichsten Buchhandlungen jedoch mit einer grossen Gemeinsamkeit: diese Buchläden geben eine Art „Zuhause“, erfüllen Wünsche und schenken uns – wie bereits Mark Forsyth in seinem Essay erläuterte – eine besondere und unverwechselbare Art des Glücks, nämlich „das große Glück, das zu finden, wonach man gar nicht gesucht hat“!
Friedrich Nietzsche – Gedicht
Vogel – Urtheil
Als ich jüngst, mich zu erquicken,
Unter dunklen Bäumen sass,
Hört’ ich ticken, leise ticken,
Zierlich, wie nach Takt und Maass.
Böse wurd’ ich, zog Gesichter,
Endlich aber gab ich nach,
Bis ich gar, gleich einem Dichter,
Selber mit im Tiktak sprach.
Wie mir so im Versemachen
Silb’ um Silb’ ihr Hopsa sprang,
Musst ich plötzlich lachen, lachen
Eine Viertelstunde lang,
Du ein Dichter? Du sein Dichter?
Stehts mit deinem Kopf so schlecht? —
«Ja, mein Herr! Sie sind ein Dichter!»
— Also sprach der Vogel Specht.
Jean Paul – Zitat
« Freiheit ist ein Gut, dessen Dasein weniger Vergnügen bereitet als seine Abwesenheit Schmerzen. »
Erich Kästner – Zitat
„Das meiste auf der Welt geht nicht durch Gebrauch kaputt, sondern durch Putzen.“

Hermann Hesse – Gedicht
Spätsommer
Noch schenkt der späte Sommer Tag um Tag
Voll süßer Wärme. Über Blumendolden
Schwebt da und dort mit mildem Flügelschlag
ein Schmetterling und funkelt sammetgolden.
Die Abende und Morgen atmen feucht
Von dünnen Nebeln, deren Naß noch lau.
Vom Maulbeerbaum mit plötzlichem Geleucht
Weht gelb und groß ein Blatt ins sanfte Blau.
Eidechse rastet auf besonntem Stein,
Im Blätterschatten Trauben sich verstecken.
Bezaubert scheint die Welt, gebannt zu sein
In Schlaf, in Traum, und warnt dich, sie zu wecken.
So wiegt sich manchmal viele Takte lang
Musik, zu goldener Ewigkeit erstarrt,
Bis sie erwachend sich dem Bann entrang
Zurück zu Werdemut und Gegenwart.
Wir Alten stehen erntend am Spalier
Und wärmen uns die sommerbraunen Hände.
Noch lacht der Tag, noch ist er nicht zu Ende,
Noch hält und schmeichelt uns das Heut und Hier.
Walter Benjamin – Zitat
„Paris ist ein großer Bibliothekssaal, der von der Seine durchströmt wird.“
Theodor Fontane – Zitat
Das Glück – kein Reiter wird’s erjagen.
Es ist nicht dort und ist nicht hier.
Lern überwinden, lern entsagen,
und ungeahnt erblüht es dir.

Christian Friedrich Hebbel – Gedicht
Dies ist ein Herbsttag…
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.
Erich Kästner – Gedicht
Der März
Sonne lag krank im Bett.
Sitzt nun am Ofen.
Liest, was gewesen ist.
Liest Katastrophen.
Springflut und Havarie,
Sturm und Lawinen, –
gibt es denn niemals Ruh
drunten bei ihnen.
Schaut den Kalender an.
Steht drauf: „Es werde!“
Greift nach dem Opernglas.
Blickt auf die Erde.
Schnee vom vergangenen Jahr
blieb nicht der gleiche.
Liegt wie ein Bettbezug
klein auf der Bleiche.
Winter macht Inventur.
Will sich verändern.
Schrieb auf ein Angebot
aus andern Ländern.
Mustert im Fortgehn noch
Weiden und Erlen.
Kätzchen blühn silbergrau.
Schimmern wie Perlen.
In Baum und Krume regt
sich’s allenthalben.
Radio meldet schon
Störche und Schwalben.
Schneeglöckchen ahnen nun,
was sie bedeuten.
Wenn Du die Augen schließt,
hörst Du sie läuten.

Rainer Maria Rilke – Gedicht
Der Abend ist mein Buch
Der Abend ist mein Buch. Ihm prangen
die Deckel purpurn in Damast;
ich löse seine goldnen Spangen
mit kühlen Händen, ohne Hast.
Und lese seine erste Seite,
beglückt durch den vertrauten Ton, –
und lese leiser seine zweite,
und seine dritte träum ich schon.

Thomas Mann – Zitat
« Arbeit ist schwer, ist oft genug ein freudloses und mühseliges Stochern; aber n i c h t arbeiten – das ist die Hölle. »
Christian Morgenstern – Gedicht
Der Seufzer
Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude.
Der Seufzer dacht an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm ein –
und er sank – und ward nimmer gesehen.
Gerhart Hauptmann – Zitat
« Dummheit und Langeweile sind zwei furchtbare Mächte, oft genannt, aber in ihrer ganzen ungeheuren Größe noch nicht begriffen. »
Eduard Mörike – Gedicht
Septembermorgen
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
Im warmen Golde fließen.
Theodor Storm – Gedicht
Kritik
Hör mir nicht auf solch Geschwätze,
Liebes Herz, daß wir Poeten
Schon genug der Liebeslieder,
Ja zuviel gedichtet hätten.
Ach, es sind so kläglich wenig,
Denn ich zählte sie im stillen,
Kaum genug, dein Nadelbüchlein
Schicklich damit anzufüllen.
Lieder, die von Liebe reimen,
Kommen Tag für Tage wieder;
Doch wir zwei Verliebte sprechen:
Das sind keine Liebeslieder.

Marie von Ebner-Eschenbach – Gedicht
Ein kleines Lied
Ein kleines Lied! Wie geht’s nur an,
Daß man so lieb es haben kann,
Was liegt darin? Erzähle!
Es liegt darin ein wenig Klang,
Ein wenig Wohllaut und Gesang
Und eine ganze Seele.
Johann Peter Hebel – Gedicht
Neujahrslied
Mit der Freude zieht der Schmerz
traulich durch die Zeiten.
Schwere Stürme, milde Weste,
bange Sorgen, frohe Feste
wandeln sich zu Zeiten.
Und wo eine Träne fällt,
blüht auch eine Rose.
Schon gemischt, noch e wir’s bitten,
ist für Throne und für Hütten
Schmerz und Lust im Lose.
War’s nicht so im alten Jahr?
Wird’s im neuen enden?
Sonnen wallen auf und nieder,
Wolken gehn und kommen wieder
und kein Mensch wird’s wenden.
Gebe denn, der über uns
wägt mit rechter Waage,
jedem Sinn für seine Freuden,
jedem Mut für seine Leiden
in die neuen Tage,
jedem auf dem Lebenspfad
einen Freund zur Seite,
ein zufriedenes Gemüte
und zu stiller Herzensgüte
Hoffnung ins Geleite!