Jean-Philippe Toussaint (geboren 1957 in Brüssel) ist der Sohn eines Journalisten und einer Buchhändlerin. Seit 1971 lebt er in Paris. 1973 wurde er Juniorweltmeister im Scrabble. 1978 machte er seinen Abschluss am Institut d’études politiques de Paris. Seinem Militärdienst konnte er duch eine Stelle als Französischlehrer in Algerien entgehen. Während dieser Zeit heiratete er und schrieb nach mehreren Theaterstücken seinen ersten Roman „La Salle de bain“ (Das Badezimmer). Dieser Roman wurde von vielen Verlagen abgelehnt. Erst durch die Hilfe von Alain Robbe-Grillet, dem er ein Manuskript zukommen liess, fand er einen Verleger. Es war Jérôme Lindon (Verlag Éditions de Minuit), der dieses kleine kuriose Buch schiesslich 1985 veröffentlichte.
Und nun liegt dieses schmale Buch (120 Seiten) vor uns und wir entdecken dabei in Punkto „Badezimmer“ eine ganz neue Bedeutung:
Es geht um einen jungen Mann zwischen 27 und 29 Jahre alt – dem Ich-Erzähler- , der beschliesst, sein Leben in der Badewanne zu verbringen. Dabei möchte er hauptsächlich über sein Dasein nachdenken, lesen und sich von dem Alltag etwas zurückzuziehen. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin Edmondsson zusammen, die für den Unterhalt sorgt und in einer Kunstgalerie arbeitet. Er versucht, sein Leben von der Badewanne aus zu organisieren, wie zum Bespiel die zwei von ihm engagierten Polen, die die Küche streichen sollen. Doch letztendlich beschliesst er, doch wieder aus der Badewanne auszusteigen und reist nach Venedig:
„Auf dem Rand der Badewanne sitzend, erklärte ich Edmondsson, es sei möglicherweise nicht sehr gesund, im Alter von siebenundzwanzig, bald neunundzwanzig Jahren, mehr oder weniger zurückgezogen in einer Badewanne zu leben. Ich müsste das Wagnis eingehen, sagte ich mit gesenktem Blick und streichelte dabei über das Email der Badewanne, das Wagnis, die Seelenruhe meines abstrakten Lebens aufs Spiel zu setzen, um. Ich beendete meinen Satz nicht. Am folgenden Tag verliess ich das Badezimmer.“
Diese Reise nach Venedig verläuft ganz anders als geplant. Mehr sollte man, ja darf man nicht verraten, ausser, dass die Badewanne noch eine grosse, wahrlich tragende Rolle spielen wird.
Der Roman ist nicht in Kapiteln eingeteilt, sondern in 50 mehr oder weniger kleine Paragraphen. Er ist leicht, ironisch, amüsant, komplex und fesselnd. Man erinnert sich an Musil, Kafka und Beckett. Es ist anspruchsvolle Literatur voller Lakonie und Ironie. Die Sprache ist teilweise minimalistisch, aber trotzdem intensiv. „Das Badezimmer“ ist ein Buch, das versucht die unausweichlichen Fragen nach dem Lebenssinn, dem Glück zu beantworten und das den Leser mehr als zum Nachdenken anregt.