Durchgelesen – „Die souveräne Leserin“ v. Alan Bennett

„Die souveräne Leserin“ von Alan Bennett ist zu aller erst eine wunderbare Hommage an das Lesen, die Literatur und die englische Königin.

Die Queen wird mittels eines Spazierganges mit ihren Hunden zu einem Bibliotheksbus geführt, der einmal wöchentlich vor ihrem Schloss parkt. Sie ist neugierig und betritt den Bus, und sieht auch noch einen ihrer Mitarbeiter ( der Küchenjunge Norman), der begeistert in den Büchern schmökert und sich etwas ausleiht. Sie zeigt sich höflich und leiht sich auch ein Buch aus, obwohl sie sich nie so richtig fürs Lesen interessiert hat und eigentlich ja selbst eine sehr bedeutende Bibliothek besitzt.

Ja und so begibt sich der Leser und „die souveräne Leserin“ (Queen) auf eine gemeinsame Reise durch die Literatur gespickt mit entzückenden Anspielungen, verpackt in sehr schöner Sprache und gewürzt mit einer guten Portion englischen Humors.

Eines der schönsten Zitate in diesem Werk ist:

„«Hat jemand von Ihnen Proust gelesen?», fragte die Queen in die Runde.“

Dieses 115 Seiten literarisch starke Büchlein bietet einen vergnüglichen, teilweise auch was die Literaturgeschichte betrifft sehr lehrreichen, aber vor allem unverwechselbaren Lesegenuss.

„«Man liest zum Vergnügen», sagte die Queen. «Lesen ist keine Bürgerpflicht.»“

Durchgeblättert – „Erlesene Orte“, „Lesen“ und „Frauen, die lesen sind gefährlich“

Drei Bildbände über das Lesen für das Auge und für die Seele!

Ebba Dangschat, Erlesene Orte: E. Dangschat hat künstlerische Fotografie studiert, und porträtiert in ihrem Werk 53 Menschen aus Kultur, Politik und Wirtschaft, für die Bücher etwas ganz Wunderbares und Lesen so wichtig ist, wie Essen. Doris Dörrie braucht zum Lesen auch immer eine Hängematte, Christoph Schlingensief mag die Atmosphäre von Grossbaustellen, Tanja Dückers braucht ihre Badewanne, und und und. Es macht viel Spass diese Menschen beim Lesen zu beobachten!

Isolde Ohlbaum, Lesen: Wer kennt sie nicht die herausragende Fotografin I. Ohlbaum. Sie zeigt in diesem kleinen, aber feinen Bildband eine Auswahl von wunderbaren Bildern, wann, wie und wo man lesen kann. Alles unbekannte Menschen, Orte und Stimmungen! Versehen mit kleinen Texten und Zitaten aus der Welt der Literatur mit dem Thema Bücher und Lesen. Ein richtig schönes Geschenkbuch, für alle Lesesüchtigen und Liebhaber schöner Fotos!

Stefan Bollmann,Frauen, die lesen sind gefährlich: In diesem Buch werden von bekannten und/ oder wieder zu entdeckenden Künstlern Bilder gezeigt, die lesende Frauen in ihrer Schönheit, Anmut und Ausdruckskraft wiederspiegeln. In den kurzen Begleittexten wird erläutert, warum sie lesen, in welche Lektüre sie vertieft sind und wir erfahren gleichzeitig noch etwas über den Künstler und die Epoche, in der das Werk entstanden ist. Dieses Buch öffnet einen Einblick in ein spannendes Kapitel der Lesegeschichte und besticht mit seinen wunderschönen Bildern!

Durchgelesen – „Das geheime Leben der Bücher“ von Régis de Sà Moreira

Jetzt ist dieses Buch auch endlich auf deutsch erschienen. Das französische Original – Titel „Le libraire“ gibt es schon seit 2004, da sieht man mal wieder lange es dauert, bis die Lizenzen so verteilt werden. Schade dass der Titel so geändert wurde, denn „Der Buchhändler“ trifft viel besser auf dieses schmale Buch zu.

Es geht nämlich um einen Buchhändler, der eine kleine Buchhandlung besitzt, und nur die Bücher verkauft, die er gelesen hat und auch für gut befindet. Er ernährt sich nur vom Lesen und vom Kräutertee (Eisenkrauttee – Verveine), somit kann er immer etwas zu sich nehmen, ohne dick zu werden.
Er verkauft keinen „Schund“, wobei er sich auch selbst immer die Frage stellt, was ist eigentlich Schund.
Die Dialoge mit Kunden und auch mit sich selbst sind sehr originell, witzig, absurd, melancholisch und buchhändlerisch.

Wie zum Beispiel folgender Ausschnitt eines Kundengesprächs:
Guten Tag, haben Sie dieses Handbuch für Paare, das von einem Biber geschrieben wurde?“
„Nein.“
„Kann ich es bestellen?“
„Nein.“
„Und warum nicht?“
„Weil ich es nicht verkaufe.“
„Und warum?“
„Weil ich es nicht verkaufen will“.
„Aber Sie haben nicht das Recht dazu…. Das ist unerhört. Auch Tiere haben das Recht zu schreiben.“
„Das ist nicht das Problem.“
„Wie bitte?“
„Ich verkaufe keine Handbücher für Paare“.
„Aha … Aber das ist ebenfalls unerhört.“
„Wenn Sie meinen …“
„Sie hören noch von mir.“
„In Ordnung.“
„Unerhört!“
„Auf Wiedersehen.“

Ein Buch für Leser, Buchliebhaber und Buchkäufer, die ihren persönlichen Buchhändler schätzen und für alle, die wissen, dass Lesen glücklich macht.

Durchgelesen – „Am Anfang war die Nacht Musik“ v. A. Walser und „Mein Jenseits“ v. M. Walser

Alissa Walser, Am Anfang war die Nacht Musik: Ein erstaunlicher Roman mit einer erstaunlichen Sprache. Sie ist schwülstig, gestelzt, hat aber trotzem einen unglaublich starken Rhythmus, der den Leser mitnimmt. Der Roman spielt in Wien im Jahre 1777. Es geht um den berühmten Arzt Franz Anton Mesmer, der die blinde Pianistin und Sängerin Maria Theresia heilen soll. Er nimmt sie auf in sein magnetischen Hospital. Sie fühlt sich zum ersten Mal befreit, weg vom ständigen Druck, noch besser Klavier zu spielen. Und vor allem weg von ihrer Familie. Mesmer hofft mit Hilfe der Heilung endlich den medizinischen Durchbruch zu erreichen. Arzt und Patientin entdecken ihre gemeinsame Liebe zur Musik und die ersten Heilerfolge sind zu erkennen. Doch es kommt zu einen Medizin-Skandal. Man spürt hier in diesem Roman sehr deutlich, was für ein wunderbares Werkzug Sprache sein kann: „Gedanken, denkt er, sind wie Arznei. Falsch dosiert, und man geht zugrunde daran.“ Ein Buch für Musikliebhaber und nicht nur für Freunde historischer Romane.

Martin Walser, Mein Jenseits: Eine Novelle über „Glauben“. Der Hauptprotagonist ist Augustin Feinlein, Chef des Psychiatrischen Landeskrankenhauses Scherblingen. Er hat Probleme mit dem Älterwerden, deshalb hat er aufgehört ab seinem 63. Geburtstag weiter zu zählen. Feinlein hat Schwierigkeiten mit seinem Oberarzt Dr. Bruderhofer. Dieser hat seine grosse Liebe Eva Maria geheiratet. Sie war zuvor mit Feinlein verlobt, heiratete dann den Grafen Wigolfing und nachdem dieser an der Eiger Nordwand verunglückte, wurde sie die Frau des 18 Jahre jüngeren Dr. Bruderhofer. Und sie schreibt immer noch Postkarten an Feinlein mit dem Abschluss “ In Liebe“. Und das versucht er zu glauben, nein er glaubt es! „Eine Sekunde Glauben ist mir tausend Stunden Zweifel und Verzweiflung nicht zu hoch bezahlt.“ Und Glauben lernt man nur, wenn einem nichts anderes übrig bleibt.“ Die Geschichte ist so skuril und der Held ist gleichzeitig eine komische und traurige Gestalt. Am Schluss wird August Feinlein in sein eigenes Psychiatrisches Landeskrankenhaus eingeliefert, doch warum? Ein schmales, aber sehr intensives und starkes Buch!

Man spürt bei beiden Büchern, die Tochter des Vaters, aber auch den Vater der Tochter. Übrigens ist dies der erste Roman von Alissa Walser. Sie hat 1992 für eine Erzählung den Ingeborg-Bachmann-Preis erhalten.